Das älteste Volksheilmittel: Der Mutterkuchen

historische und ethnographische Überlieferungen

Nach mittelalterlichen Verständnis nährte der Mutterkuchen das ungeborene Kind an Leib und Seele. Die physiologische Funktion der Plazenta während der Schwangerschaft stand in einer engen Beziehung zu ihrer symbolischen Funktion. So wie in der Pflanzenlehre die zweite Hälften eines Samens, die sich später beim Keimen in Blättchen verwandeln, Mutterkuchen genannt wurde, so wurde auch das Verhältnis von Plazenta und Eihäuten zum Kind betrachtet. Man hatte zwar die Funktion der Plazenta als biologischen Filter kaum verstanden, aber man glaubte, dass sie dem Fötus einen gewissen materielle Bequemlichkeit verschafft, das Gefängnis (des Mutterleibes) zu einem erträglichen Ort zu machen.

Das Kind, das im Mutterleib ruhte, konnte nur liegen, und daher wurde die Plazenta auch (Das Bett des Kindes) genannt. Eine noch innigere Verbindung zum Kind zeigt sich noch heute in Indonesien vor allem darin, dass die Plazenta als Bruder beziehungsweise als Schwester des Neugeborenen bezeichnet wird. Die Balinesen dagegen erwarten, dass ihnen nach dem Tode Ihre Nachgeburt auf halbem Weg entgegenkommt, um sie ins Paradies zu geleiten. Während auf Java die Plazenta zum Beschützer für Mutter und Kind werden kann, wurde sie in Europa bis zum Ende des 18 Jahrhunderts als die andere Hälfte des Kindes betrachtet. Was man dem Mutterkuchen antat, musste sich auf das Kind auswirken. Vor der Geburt auch nach der Geburt. Hebammen überließen die Plazenta dem Kindsvater, weil sie allzu oft als Kindsmörderinnen angeklagt wurden, weil die Plazenta weiterverwendeten oder gar selbst vergruben. In den Jahren der Hexenverfolgungen ging daher viel von dem Hebammenwissen über die Plazenta als Heilmittel verloren. Doch bis dahin verstand man auch ohne biochemisches oder physikalisches Wissen, dass die Plazenta eine beachtenswerter Teil des menschlichen Neugeborenen ist.

Plazenta-Bäume

Schon das Aussehen der Plazenta deutet auf eine innere Bezeichnung vom Organ Plazenta zu den Bäumen hin. Viele Völker und Kulturen verehren Bäume als heilige, schicksalbestimmende Wesen, die mit dem Leben des Menschen eng verbunden sind.
Der Baum was zu allen Zeiten eine Inspirationsquelle für Mythen. Durch seine Wurzeln gehört er der chtonischen Welt, der Welt des Todes an, aus der er seine Lebenskraft bezieht. Sein Stamm ist ein mächtiges Symbol der Kraft und Ruhe. Mit seinem jährlichen Laubwechsel ist der Baum das Urbild jeglichen Lebens: Der Blüte der Jugend, Der Fülle der reifen Jahre, des Verdorrens im Alter und des Abbaus beim Nahen des Todes. Immer aber besteht die Erwartung einer neuen Blüte, eines unaufhörlichen Neubeginns.

Seit Urzeiten pflegen Menschen eine besonderes Verhältnis zu Bäumen. So ist der kosmische Baum Mittelpunkt religiöse Überlieferung, denn das Selbstverständnis des Menschen ist zutiefst mit seinem Baumverständnis verknüpft. Schon auf sumerischen Rollensiegeln (4000 v. Chr) finden wir Menschen dargestellt, die vor einem Baum knien. Im Mittelpunkt der germanischen Heiligtümer wurden Holzstämme oder Stelen aufgerichtet, Symbole des Weltenbaumes inmitten des Universums. In sämtlichen Kulturen durchzieht der Baum die Malerei, die Gesänge und die Literatur. Wie kommt es zu dieser Universalität eines Symbols in den verschiedenen Kulturen der Welt zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlichen Orten?

Vor seiner Geburt nimmt jeder Mensch in der Umgebung der Gebärmutterhöhle als erstes die Silhouette eines Baumes wahr. Während sich der Fötus im Fruchtwasser tummelt, wölbt sich die Plazenta wie ein ausladendes Baumdach schützen über ihn. Stoß und Lärm werden durch sie von außen abgehalten. Filmaufnahmen aus der Gebärmutter zeigen, dass ein ungeborenes Baby den Plazenta-Baum zum Klettern benutzt. Die hügelige Plazentascheibe
wird mit den Händen ertastet und manchmal auch abgeschleckt wie ein Eis.
Bei erschreckenden Geräuschen flüchtet sich das Kind ins weiche Gewebe zwischen den Gefäßästen der Plazenta. Kopf und Ohren sind hier sicher versteckt vor der Außenwelt.
Die Plazenta steht wie ein starker, Leben spendender Baum im Mittelpunkt unseres vorgeburtlichen Lebens. Die Form eines Baumes ist jedem Menschen vertraut. Positive Erinnerungen an das Paradies vor der Geburt lassen Liebe und Verehrung für die Bäume entstehen. Nur so ist erklärbar, dass Kinder, die nie in ihrem Leben einen echten Baum gesehen haben, weil sie vielleicht in einer baumlosen Gegend wie Steppe oder Wüste leben, trotzdem Bäume zeichnen können. Auch ihnen ist der ausladende über einem Stamm ein bekanntes Bild, wie Kinderzeichnungen beweisen. Die erste Menschendarstellung in der kindlichen Zeichnung trägt Baum-Charakter. Unterschwellig bleibt diese tiefe Verbundenheit des Motivs Baum und Mensch über das erste Jahrsiebent hinaus bestehen. Auch in späteren Lebensjahren spiegelt das Bild des Baumes in der Zeichnung Wesentliches von der Eigenart des Menschen wieder.

In vielen Kulturen symbolisieren Bäume die Lebenskräfte oder Gottheiten.
Heilige Bäume werden ernannt und gepflegt wie der Gingko oder Banjan in Asien und Indonesien. In manchen Kulturen wird das Alter des Menschen nach den Jahresringe am Stamm seines Geburtsbaumes geschätzt. In Indonesien wird ein Gefäß mit der Plazenta in einen sehr alt werdenden im Baum, den Waringin Baum gehängt, um das Neugeborene an seinem gesegneten Alter teilhaben zu lassen. Unser ehemaliger Lebensspender, der Plazenta Baum, begleitet uns durch das ganze Leben, von der Wiege im Mutterleib bis zur letzten Ruhestätte unter dem Baumwipfel eine Eibe (Deutschland) oder eine Zypresse (Türkei)

Der keltische Baumkalender und die Plazenta

Auch vielen Eltern ist die Verwandtschaft eines Lebens spendenden Baumes mit einer Plazenta vertraut. Eltern verschiedenster Herkunft wollen deshalb das Organ ihres neugeborenen, das ihm solange Nahrung und Schutz gespendet hat, am Ende seiner Lebenszeit mit würde behandeln. Als Zeichen ihrer Dankbarkeit setzen sie nach überlieferter Sitte einen Baumsproß auf die Beerdigungsstätte der Plazenta. Der junge Baum voll die Kräfte der Plazenta in sich aufnehmen und fruchtbares Leben hervorbringen.
Während er zu seine stattlichen Größe heranwächst, begleitet er das Baby in guten wie in schlechten Tagen auf seinem Weg des Erwachsenwerdens.
Am Rande eines jeden nigerianischen Ibo Dorfes steht ein Bananenhain, dessen Bäume die Namen der Kinder tragen, für die sie gepflanzt wurden. Der Hain gehört den Kindern des Dorfes und ist ihr besonderer Spielplatz. Später einmal werden diese Bäume Früchte tragen, die eine heilende und nährende Wirkung auf ihre Schützlinge haben soll. Die Größe und Kronenform des Geburtsbaumes soll schon bei den alten Germanen bedeutsame Schatten auf dem Lebensweg seines Milchbruder werfen. Der schützende Plazenta Baum aus der vorgeburtlichen Erinnerung wird zum Lebensbaum, der ein Stück des Paradieses ins irdische Leben hinüberretten soll. Hermann Hesse hält Bäume für Sinnbilder, die sich mit Erinnerungen verbinden, Symbole der Vergänglichkeit und Wiedergeburt, aber auch allen Wachstums, allen triebhaften, naturhaften Lebens, aller Sorglosigkeit und Fruchtbarkeit.
Nichts ist heiliger, nichts ist vorbildlicher als ein schöner, starker Baum. Bäume predigen das Urgesetz des Lebens.

Wuchs und Größe eines Baumes sind von der Pflanzenart abhängig. Die Wahl der Baum- sorte für das Neugeborene soll nach keltischer Sitte wie ein Horoskop die Ecksteine des Lebensweges des neuen Erdenbürger bestimmen. Der heilige Baum schlägt die Brücke zwischen den Lebenstoren von Geburt und Tod. In der keltischen Mythologie war der Apfelbaum das Symbol der Vollendung, der Ausdruck liebender Verbundenheit von Natur und Mensch, von Leben und Tod, von dieser und der anderen Welt.

In den Früchten eines Apfelbaumes konnte eine Seele die Hülle finden, durch die sie zu neuem Leben erwacht. Aß eine junge Frau den Apfel eines Lebensbaumes, dann konnte sie dadurch zur Mutter eines neuen Menschen werden; denn die Seele des zukünftigen Lebewesens wartete in der Baumkrone auf ihre zukünftige leibliche Hülle. Unser Wort Apfel kommt von Apfelland, das Avalon der Kelten. Noch heute wird der Apfelbaum in vielen Regionen Europas als Sinnbild von Fruchtbarkeit und Lebenskraft nach der Geburt eines Kindes gepflanzt.

Wächst ein Apfelbaum auf dem nahrhaften Boden über der Plazenta, so soll seine Früchte die Heilkräfte an (den Milchbruder) weitergeben können. Daß eine Pflanze die Eigenschaften der Nachbarpflanzen in sich aufnehmen kann, ist auch heute noch bekannt. So lernt ein Gärtner, dass er unter die Baumscheibe eines Apfelbaum niemals ein Fingerhut gepflanzt werden darf, da dieser die Früchte digitalisieren würde. (Da herzwirksame digitales würde aus der Pflanze über das Wurzelwerk in den Baum gelangen.)
In dem Märchen von Schneewittchen finden wir noch heute Hinweise auf diese Art der vor keltischen Heilmittelherstellung. der (vergiftete Apfel) versetzt das Mädchen in einen todes- ähnlichen Schlaf.

Fast überall in Europa wurde die Plazenta nach der Geburt unter einem Obstbaum begraben. Dahinter verbirgt sich wohl der Wunsch, dass sie symbolisch zum Mutterstamm zurückkehren möge, vermutet Jacques Gelis. Da auch Bäume ein Geschlecht haben, wählte man je nach Geschlecht des Kindes einen Apfelbaum für ein Mädchen und einen Birnenbaum für einen Jungen. Goethes Großvater pflanze zum Beispiel einen Birnbaum bei der Geburt des kleinen Wolfgang. In der Schweiz wird für ein Mädchen einen Apfelbaum, für den jungen dagegen einen Nussbaum gesetzt. Welche Sorte der Apfelbäume zu dem Neugeborenen passt, soll vor allem die Großmutter aus ihrer Lebenserfahrung heraus bestimmen.

Wo Hausgeburten üblich sind, da lebt auch heute noch dieser Brauch. Eltern, die keinen eigenen Garten haben, begraben die Plazenta ihres Kindes unter einem Baum im Wald. Viele wählen wie im alten vorchristlichen Zeiten eine Birke, der sie regelmäßig einen Besuch mit dem wachsenden Kind abstatten. Noch im Mittelalter begrub man den Mutterkuchen als Dankopfer an die Göttin der Liebe, Freya, unter einer Birke. Auch die Wiege des Neugeborenen sollte aus Birkenholz geschnitzt sein, denn die Birke steht für Reinheit, Licht und Neubeginn.

Erwägen die Eltern dagegen eine individuelle Zuordnung der Baum Sorte, dann kann Ihnen auch heute noch ein keltischer Baumkalender behilflich sein. Nach dem Geburtsdatum ihres Kindes bestimmen sie die zu pflanzende Baumart. Das Ergebnis der Geburt wird damit eingebettet in den Jahreslauf der Natur. An der Baumart kann später jedermann schon von weitem erkennen, in welchem Monat hier ein Baby zur Welt gekommen ist.

Der Baumkalender kann als Orientierung bei der Wahl der Baum Sorte dienen. Aber auch die Wahl eines jeden anderen Baumes kann dazu beitragen, einer neuen Generation die Verantwortlichkeit für die pflege unsere Wälder nahe zubringen. Das Baum-Jahr der Kelten begann mit der Mistel am 24 Dezember Und hatte seinen Höhepunkt zur Tag und Nachtgleiche im Frühling und im Herbst. Den längsten Sonnentag des Jahres bezeugte die wehrhafte Eiche, deren trockene Blätter noch im dunklen Winter voller Licht zu sein scheinen.
Die kürzesten Sonnentage wurden mit der Mistel geheiligt, während dazwischen 7 Baumarten die Jahreshälften unterteilen.

Wer mich kennt, er liebt mich

Bei der Geburt eines Kindes ist die Plazenta noch eine Weile funktionstüchtig. Doch spätestens nach zwei Stunden lässt sie kein Blut mehr hindurchfließen und fällt in sich zusammen. Lange glaubten unsere Vorfahren, das ein Teil der kindlichen Seele immer noch in der Plazenta hause. Auch nach der Ausstoßung behielt sie ihre Funktion als Wurzelstock, alles, ,Talus, (griechisch,:Lager) als fruchtbarer Nährboden. Deshalb durfte sie nie zu weit vom Kind entfernt werden. Der Baum, der aus ihr gepflanzt wurde, musste in unmittelbarer Hausnähe stehen. In manchen Regionen wurde die Plazenta im Haus zum trocknen oder an einem Baum als Opfer für Odins Raben aufgehängt. Im Jemen lässt man auch heute noch die Plazenta für die Vögel auf dem Dach liegen, damit die Liebe zwischen den jungen Eltern wachse.

In den Städten dagegen war es sicherer, die Plazenta unter dem Wohnhaus der Familie zu verstecken. Meist wurde sie sofort nach der Geburt vom Vater im Keller des Hauses oder in einem Nebengebäude begraben, damit das Hauswesen möglichst reichlich von ihrer fruchtbaren Kraft profitieren könnte. In manchen Gegenden wurde die Plazenta eines Mädchen auf die linke Seite, die eines Knaben auf die rechte Seite unter dem Hauseingang vergraben. Um jeden Preis aber war zu verhindern, da Tiere oder Menschen ihre bemächtigen, denn diese würde die weitere Fruchtbarkeit des Ehepaares und der Familie gefährden. Solange die Plazenta im Wirkungsbereich des dazu gehörenden Menschen blieb, würde diesem kein Leid geschehen.

Die Nähe der Plazenta konnte besonders die schwachen Kinder stärken. Bei den Trobriander rinnen wird die Nachgeburt im Garten vergraben, was bewirken soll, dass das Neugeborene später ein guter Gärtner wird. Bei dem Batakstämmen in Sumatra vergräbt man die Plazenta unter dem Hause oder legt sie in einen Tontopf, den man gut verschlossen den Fluss übergibt. Man glaubt, damit zu verhüten, dass das Kind später unter kalte Hände und Füße leidet, was als ein ungünstiger Einfluss der Nachgeburt aufgefasst wird.

Auch auf Sumatra wie bei fast allen indonesischen Völkern, nennt man die Nachgeburt den jüngeren Bruder oder die jüngere Schwester des Neugeborenen. Eine Gebetsformel der Karo-Batak auf Sumatra lautet: Kommt her, mein älterer (Gemeint ist das Fruchtwasser) und mein jüngerer Bruder, die ihr mit mir zusammen entstanden sein! Den Schutzgeistern wird im normalen Ablauf des Lebens keine Beachtung geschenkt, aber in Gefahren werden sie zu Hilfe gerufen. Man glaubt, sie folgen dem Menschen und seien hörbar. Sie sind Brüder des Menschen und wirken in positiver Weise auf den zu ihren gehörenden Karo-Batak. In Nepal wird die Plazenta Bucha-co-satthi (Freund des Kindes) genannt, und die Malaien betrachten sie als älteres Geschwisterkind. Wenn das Kind später einmal unerwartet lächelt, sagen die Eltern, es spiele mit seinem älteren Bruder, der Plazenta.

Plazenta Töpfe

Im 18 Jahrhundert glaubten die Eltern in Deutschland und Frankreich, dass ein Neugeborenes später einmal schön, klug und tugendhaft sein würde, wenn seine Plazenta sofort nach der Geburt in der Nähe des Wohnhauses begraben würde. Das Wegwerfen der Plazenta konnte dagegen sogar Unfruchtbarkeit für die Mutter nach sich ziehen, was manchmal auch als empfängnisverhütende Mittel eingesetzt wurde. Im Sudan gilt die Nachgeburt als geistiges Ebenbild des Kindes und man vergräbt sie an einem Ort, der die Hoffnungen der Eltern für ihr Kind repräsentieren. Eine sudanesische Frau soll dereinst die Plazenta ihres Sohnes in der Nähe der Medizinischen Fakultät der Universität von Khartoum begraben haben, weil er Arzt werden soll!

In vielen Kulturen der Welt lebt der Brauch des Plazenta vergraben auch heute noch. Von den Andenvölker bis zum indonesischen Kulturkreis ist es immer noch üblich, die Plazenta nach der Geburt unter dem Wohnhaus in einem besonderen geformten Tontopf zu vergraben. Die Frauen befürchten dort ebenso wie die deutschen Frauen des 17. und 18. Jahrhunderts, dass die Seele des Kindes die Trennung von seinem lebendspendenden Organ als Verlust auffassen könnte. Dieser Schmerz des Kindes würde seine ganze weitere Entwicklung beeinträchtigen.Türkische Frauen behaupten, dass dieser Brauch auch bei ihnen noch existiere und mit den Arabern von Osten eingeführt worden sei.

In Deutschland wurden vom Institut für Vor und Frühgeschichtliche der Universität Tübingen
Tontöpfe gefunden, die vor etwa 350 Jahre versteckt worden sein müssen. Diese Plazenta Töpfe haben eine besondere Form und wurden vorher niemals für andere Zwecke verwendet. Sie waren verziert mit aufgemalten Schmuckbändern und manchmal auch mit den Initialen der Besitzer versehen. In Sindelfingen und in in Bönnigen wurden einige Gefäße mit der Öffnung nach unten im Kellerbogen vergraben. Hier könnte sich die Angst vor in der Plazenta befindlichen Geistern ausdrücken. Um deren entweichen zu verhindern, mussten verschiedene Schutzmaßnahmen wie magische Rituale getroffen werden, zu deren das Abdecken oder Umdrehen der Töpfe diente.

Verschiedene mündliche Hinweise aus der Heilbronner Gegend und aus dem Schwarzwald haben inzwischen auch deutlich gezeigt, dass sich besonderes in ländlichen Regionen das Wissen um den Brauch der Nachgeburtsbestattung bis heute erhalten hat. In einer Ausstellung im Herbst 1997 in Bönnigheim wurden verschiedene Nachbildungen, aber auch Originale von Plazenta Töpfen gezeigt. Der neuseeländische Künstler Manos Nathan, in dessen Heimat der Brauch der Nachgeburtsbestattung noch gepflegt wird, hat einen modernen Nachgeburtstopf geschaffen, der mit mythischen Figuren verziert ist. Alles soll daran erinnern, dass der Mensch von der Mutter Erde und der menschlichen Mutter entstammt. Diese Tontöpfe könnten von den werdenden Eltern zum begraben der Plazenta.

Talismane und Amnionschmuck

Braucht ein Kind den besonderen Schutz seines Doppelgänger, bekommt es auch heute noch in vielen Gegenden der Welt ein Stück von der Plazenta umgebunden. Am häufigsten wird ein Stück Nabelschnur oder Eihaut getrocknet und in goldene Kettchen gefasst, im Rocksaum vernäht oder in der Schultasche versteckt. Solch einschneidende Erlebnisse wie die Einschulung oder die Musterung beim Militär sollten die jungen Männer besser überstehen, wenn Sie ein stärkendes Stück ihres Zwillingsbruders Plazenta bei sich tragen. Wie das Oberamt Backnang berichtet, wurde noch im 19 Jahrhundert die Nabelschnur von der Mutter sorgfältig aufbewahrt, damit sie später dem Sohn als Talisman diene; sie wurde insgeheim in den Saum seiner Kleidungsstücken genäht, damit er bei der Auslosung zum Militärdienst die Nummer ziehen würde, die seine Freistellung bedeutet.

Schließlich bürgt die Nabelschnur für die manuellen und geistigen Fähigkeiten des Kindes.
In der Region Franche-Comte heißt es von einem Geistigen minderbemittelten Kind: (Es habe seinen Nabel nicht in der Tasche getragen). Auch Die Insulaner des Pazifiks knüpfen einen Knoten in der Nabelschnurrest, bevor sie getrocknet wird. Erst wenn das Kind später in der Lage ist, diesen Knoten in der mumifizierten, steifen Nabelschnur zu lösen, wird es in der Gemeinschaft der großen aufgenommen. Auch in Deutschland des 18 Jahrhunderts wurde den vertrockneten Nabelschnurrest eine große Bedeutung beigemessen. Wenn das Kind fünf bis sieben Jahre alt war, beurteilten die Lehrerinnen in Besingheim, Baden-Württemberg seine Intelligenz und Gewitztheit danach, wie schnell es ihm gelangt, den Knoten zu lösen.
Die vertrocknete Nabelschnur hob man auch unter dem Kissen des Kindes auf oder band sie an sein Bettchen, in Europa wie in Afrika. In Tansania bindet man die Nabelschnur mit einer langen schwarzen Baumwollschnur ab, die zehn Tage um den Hals das Neugeborene gewickelt bleiben. Ein Stamm am Amazonas fertig aus der perlenverzierten Nabelschnur ein Armband, auf dem das Kind beim Zahnen herum beißen kann. Die australischen Ureinwohner machen Halsbänder aus der Nabelschnur, die das Kind zur Abwehr von Krankheiten trägt.

Offensichtlich erfüllt die getrocknete Plazenta den gleichen Zweck wie die Nabelschnur. Einige Völker trocknen ein Stück der Plazentagewebe, bis es hart wie Stein ist. Wie ein Handschmeichler tragen die Männer dieses immer in der Hosentasche, Geldbörse oder Gürtel, damit es Glück und Geld bringen. In Tansania wird die Plazenta mit etwas Salz und ein paar Münzen von der Hebammen Helferin im Hof vergraben. Dies muss jedoch in Verschwiegenheit geschehen, aus Furcht vor dem bösen Blick. Nachbarn könnten einen bösen Blick auf Neid auf den zu erwarteten materiellen Wohlstand auf die Plazenta werfen und damit den Erfolg gefährden.
Wenn ein Baby das Glück hat, in seiner Fruchtblase geboren zu werden (Glückshaube), dann
heben die Eltern ihm ein kleines Stückchen von der Eihaut auf. Sie spannen die Eihaut (Amnion) zum trocknen auf und bemalen später das pergamentartige Gewebe mit Symbolen aus Religion, Sternenkunde und Natur. In den islamischen Ländern wählen die Eltern meistens das Auge der Fatima während in den christlichen Ländern ein Bild des Schutzpatronen des Kindes beliebt ist. Dann werden die filigranen Eihautstücke in Anhänger für Arm und Bein-kettchen gefasst. In Deutschland sieht man solche Amniongemälde auch als Fensterbild oder in Kunstwerken integriert. Goldschmiede fassen den Animonschmuck gerne in Halsketten oder Ringe. Zur Taufe eines Kindes gibt es sicher kein persönlicheres Geschenk als ein Schmuckstück mit seiner persönlichen Eihaut.

In modernen Industrieländern kennen die Eltern den Brauch, die Plazenta ihres Kindes zu erhalten, indem sie ein kleines Stück zu homöopathischen Kügelchen verarbeiten.
Ihr Kind kann so die Plazenta-kräfte, von denen es vor seiner Geburt gezehrt hat, zur Stärkung Kinderkrankheiten und in gefährlichen Situation nutzen. Die Plazenta Kügelchen sind eine saubere Form des ehemaligen (Seelenbruder) der sich nun leicht in der Nähe des Kindes aufhalten kann. An seine Wirkung glauben viele Mütter heute noch ebenso wie vor 200 Jahre. Gibt es dafür eine naturwissenschaftliche Erklärung?

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